Ausgestaltung von Ausgangssperren (Landesvorstand 2020/2021)

Aus Beschlusssammlung der JuliA Sachsen
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Eine Ausgangssperre als Mittel zur Eindämmung der COVID-19-Epidemie ist ein tiefgreifender Einschnitt in die Grundrechte der Bevölkerung. Sie darf erst in Betracht gezogen werden, wenn die Wirkung anderer, weniger restriktiver Maßnahmen nicht ausreichend ist.

Die Auswertung von Bewegungsströmen anhand von anonymisierten und aggregierten Mobilfunkdaten, z.B. durch das Robert-Koch-Institut, kann eine Möglichkeit sein, objektiv zu ermitteln, wie erfolgreich die bisher getroffenen Maßnahmen bereits zu einer Reduzierung sozialer Kontakte geführt haben.

Konkret heißt das für die Ausgestaltung einer Ausgangssperre:

- Eine Ausgangssperre muss rechtzeitig mit ausreichender Vorlaufzeit kommuniziert und mit einem befristeten Enddatum verkündet werden. Bei der Entscheidung über eine Verlängerung müssen die gleichen Grundsätze gelten wie bei der erstmaligen Verhängung.

- Ziel einer Ausgangssperre ist es, Treffen in Menschengruppen, die nicht dem eigenen Haushalt angehören, zu verhindern. Weniger restriktive Maßnahmen dazu müssen daher spätestens zeitgleich mit einer Ausgangssperre in Kraft treten. Darunter fallen falls nötig Einlassbeschränkungen für Lebensmittelgeschäfte und entsprechende Regelungen für Wochenmärkte, um Überfüllung zu vermeiden.

- Dies gilt auch für die Vermeidung von Kontakten am Arbeitsplatz. Arbeitgeber müssen verpflichtet werden, wo immer es möglich ist, Home Office anzuordnen. Für die Grundversorgung nicht notwendige wirtschaftliche Aktivität, die nicht im Home Office durchgeführt werden kann, ist einzustellen, sofern eine Ansteckungsgefahr nicht ausreichend ausgeschlossen werden kann.

- Das Leben darf nur soweit eingeschränkt werden wie nötig. Versorgungsgänge für die Gegenstände des täglichen Bedarfs sowie die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen müssen gewährleistet bleiben.

- Die Auswirkungen auf die sonstige Gesundheit müssen berücksichtigt werden. Sport und Bewegung an der frischen Luft sollen weiterhin möglich sein, solange dies nicht zu zusätzlichen Kontakten mit anderen Menschen führt.

- Es muss sichergestellt werden, dass unterstützungsbedürftige Menschen weiterhin alle Hilfestellungen erhalten, die sie benötigen. Dies gilt insbesondere auch für psychisch vorbelastete Menschen, für die Kontaktverbote eine besonders schwere Belastung darstellen.

- Erfahrungen aus China und Italien zeigen, dass Ausgangssperren zu einem Anstieg häuslicher Gewalt führen. Es muss sichergestellt werden, dass Betroffenen weiterhin Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Falls nötig, müssen bestehende Kapazitäten, z.B. in Frauenhäusern, kurzfristig erweitert werden, bspw. durch Anmietung derzeit leerstehender Hotelzimmer.

- Der Freistaat Sachsen soll eine landesweite zentrale Telefonberatung für besondere Probleme einrichten, die sich für Menschen aus einer Ausgangssperre ergeben. Diese soll die Menschen informieren und gegebenenfalls an weiterführende Stellen vermitteln.