Freiheit und Sicherheit in Balance bringen! (58. JuliA-Landeskongress): Unterschied zwischen den Versionen

Aus Beschlusssammlung der JuliA Sachsen
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Version vom 6. Februar 2016, 01:58 Uhr

Sicherheit ist die Grundlage jeder Freiheit. Beide Ideen gehören zusammen, sind jedoch nicht immer in vollem Maße miteinander vereinbar. Die Jungliberale Aktion beobachtet vor dem Hintergrund unterschiedlichster Herausforderungen, wie Terrorismus, Extremismus, organisierte Kriminalität sowie den veränderten Gegebenheiten durch die Digitalisierung und globale Vernetzung ein Ansteigen von Maßnahmen, die Sicherheit leisten sollen, jedoch häufig unverhältnismäßig Grundrechte einschränken. Grundsätzlich gilt für uns, dass bei jeder Einschränkung der Grundrechte aufgrund von Bedrohungen, der Nutzen für jeden Einzelnen gegenüber den verursachten Einschnitten überwiegen muss. Das Argument, wonach eine Einschränkung nur eine kleine Gruppe träfe, zählt daher für uns nicht. Die Politik hat dabei stets auf der Grundlage unseres Rechtsstaats zwischen Sicherheit und Freiheit abzuwägen. Der Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung als Ziel von Sicherheitspolitik meint aus liberaler Sicht sowohl einen unbedingten Schutz der Grundrechte als auch eine Gewährleistung Innerer Sicherheit.


Herausforderungen der Digitalisierung

Mit dem Voranschreiten der Digitalisierung und dem starken Anwachsen internetbasierter Kommunikation sowohl im privaten, als auch im beruflichen Raum ergeben sich neue Möglichkeiten und Schwerpunkte für die polizeiliche Arbeit. Wie in allen anderen Bereichen der Sicherheitspolitik lehnen wir das Eindringen in die Privatsphäre unter dem Vorwand einer generellen Gefahrenprävention ab. Stattdessen sollten neue Möglichkeiten für die polizeiliche Ermittlungsarbeit vor allem dort genutzt werden, wo sie auf Basis konkreter Anlässe und geltenden Rechts möglichst effektiv genutzt werden können. Konkret bedeutet dies:

  • weiterhin strikte Ablehnung der Vorratsdatenspeicherung
  • Die Befürwortung von Quick Freeze unter der Bedingung eines richterlichen Beschlusses. Daten dürfen jedoch nicht rückwirkend verfolgt werden, sondern erst ab dem Zeitpunkt des Richterbeschluss
  • Ablehnung jeglicher personenbezogener, anlassloser Datenspeicherung im Bereich der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur (bspw. Fluggastdatenspeicherung)
  • die Nutzung von moderner Software (etwa Predictive Policing, Precops) im Rahmen des geltenden Rechts. Das bedeutet konkret die Ermittlung von Kriminalitätsschwerpunkten in Bezug auf Zeit und Ort, jedoch die klare Negierung der „Vorhersage“ potenzieller Täter/Tätergruppen und der damit verbundenen Aushebelung der Unschuldsvermutung. Der Einsatz der Software muss von geschulten Analysten begleitet und einer externen wissenschaftlichen Evaluation unterzogen werden
  • die Ablehnung von anlasslosen Online-Durchsuchungen mittels eines „Staatstrojaners“

Struktur und Kontrolle der Geheimdienste

Die jüngsten Vorfälle um die deutschen Geheimdienste in Hinsicht auf die NSA-Affäre bzw. die Versäumnisse bei der Bekämpfung des NSU verdeutlichen den Handlungsbedarf bei Struktur, Arbeit und Kontrolle der Behörden. Aus unserer Sicht sind funktionierende Geheimdienste für die Sicherheit von großer Bedeutung. Trotzdem muss sich die geheimdienstliche Arbeit an den Prinzipien des Grundgesetzes, des Datenschutzes und der Verhältnismäßigkeit messen lassen. Konkret fordern wir:

  • die Auflösung der Landesämter für Verfassungsschutz und Schaffung regionaler Dienststellen des Bundesamtes für Verfassungsschutz mit Schwerpunktsetzung

Arbeit der Polizei und der Justiz

Die Polizei ist einer der Grundpfeiler innerer Sicherheit. Gerade im ländlichen Raum werden aber zunehmend Polizeistellen geschlossen und Personal abgebaut. Solange die Polizei nicht personell und materiell in der Lage ist, die Gesetze umzusetzen, ist der Ruf nach immer neuen und immer schärferen Gesetzen unangemessen und ungerechtfertigt. Daher fordern wir:

  • eine Aufstockung der Polizei, insbesondere im ländlichen Raum
  • eine Aufstockung der Justiz, insbesondere von Richtern und Staatsanwälten, gemessen am Fallaufkommen der letzten Dekade
  • eine Vereinfachung der Kommunikation der Landespolizeistellen
  • Einführung eines Polizeibeauftragten im Sinne des Wehrbeauftragten
  • die Nutzung sozialer Medien zur Fahndung und Ermittlung. Persönliche Nachrichten und Daten, welche im Hintergrund von Unternehmen erhoben werden, bleiben davon unberührt
  • Weiterführung der Präventionsarbeit in Schulen
  • Programme (Teilzeit etc.) für ältere/ausgeschiedene und erfahrene Polizisten, sodass diese länger arbeiten können (wenn sie wollen), insb. im “Büroeinsatz”, damit mehr Polizisten “auf die Straße” können, um akuten Personalmangel kurzfristig zu begegnen
  • verstärkte Digitalisierung der Polizeiarbeit, insb. der Zusammenarbeit mit den Bürgern
  • mobile Polizeistellen: in kleineren Gemeinden soll regelmäßig ein kleiner Polizeibus vorbeikommen und so z.B. für eine Stunde als Anlaufstelle für die Bürger dienen
  • bei Demonstrationen sind die Einschränkungen (insb. Einschränkung der Bewegungsfreiheit) für die Bevölkerung auf das Nötigste zu beschränken.

Europäische Dimensionen Innerer Sicherheit

Aus unserer Sicht muss Innere Sicherheit auch europäisch gedacht werden. Das sollte allerdings nicht zwangsläufig die Auslagerung nationaler Kompetenzen der Inneren Sicherheit an die EU bedeuten, sondern vielmehr die verstärkte Kommunikation und Koordinierung, vor allem an Binnengrenzen. Die EU sollte sich aus ihrem Selbstverständnis heraus als Verfechter des Daten-schutzes und der Wahrung der Grundrechte begreifen. Daraus ergibt sich:

  • verstärkte europäische und bilaterale Kommunikation und Operation der Polizei an Binnen- und Außengrenzen
  • die Schaffung einer Agentur für europäische Nachrichtendienstkoordinierung statt der Schaffung eines europäischen Nachrichtendienstes
  • die Einführung einheitlicher europäischer Standards für die Erhebung personen- und unternehmensbezogener Daten
  • die Einrichtung eines Beschwerdemechanismus für Grundrechtsverstöße durch Behörden im Rahmen europäisch koordinierter Missionen (bspw. Frontex)
  • die Rücknahme politisch motivierter Mandatserweiterungen europäischer Missionen, welche ohne Legitimierung durch das europäische Parlament durchgeführt wurden (bspw. die Erhebung von Daten zur EU-Binnenmigration durch Frontex)