Jugend und Gewalt (23. JuliA-Landeskongress)

Aus Beschlusssammlung der JuliA Sachsen
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Einleitung

Kinder- und Jugendkriminalität hat sich zu einer gesellschaftlichen Herausforderung entwickelt, die aus den Bahnen zu gleiten droht. Immer jünger werdende Täter, zunehmende Brutalität und eine gestiegene Akzeptanz von Gewalt als Mittel zur Problemlösung erschüttern das Gemeinwesen. Ein Gefühl der Ohnmacht und des Nicht-Nachvollziehen-Könnens von Handlungen Jugendlicher gipfeln in Resignation und dem Ruf nach härteren Strafen. "So etwas wäre früher nicht passiert, die gehören hinter Schloss und Riegel."

Wir wenden uns entschieden dagegen, eine junge Generation pauschal in die kriminelle Ecke zu stellen. Die meisten Kinder und Jugendliche bewältigen den Prozess in das Erwachsenenleben ohne mit der Polizei und Justiz in Konflikt zu geraten.

Kriminalität ist ein gesellschaftliches Problem, das alle Altersgruppen betrifft. Härtere Strafen und "Zero Tolerance" sind deshalb keine geeignete Lösung für den berechtigten Anspruch des Bürgers auf den Schutz vor Kriminalität. Wer Kinder- und Jugendkriminalität erfolgreich bekämpfen will, muss zuerst deren Ursachen hinterfragen.

Ursachenforschung

Niemand wird als potentieller Krimineller geboren. Auslöser für das Begehen von Straftaten liegen in erster Linie im persönlich-subjektiven Umfeld. Rigide Erziehungstechniken und negative Erfahrungen im Umgang der Generationen (z.B. in der Familie) führen zu einer psychischen Schwächung Jugendlicher und fördern die Anfälligkeit gegenüber Straftaten.

Hinzu kommt eine Abnahme der Bedeutung der Familie als soziale Bezugsgröße. Fehlende soziale Integration und eine mangelhafte Normenvermittlung im Rahmen der Erziehung wirken sich negativ auf die Ausprägung eines Rechtsbewusstseins aus. Rechte, Pflichten und Normen rücken in den Hintergrund. Das Begehen einer Straftat gilt häufig als "cool" und verschafft Anerkennung in der Clique.

In der öffentlichen Diskussion, häufig undifferenziert transportiert durch Medien, wird Kriminalität und Gewalt als elementares Merkmal der Gesellschaft dargestellt. Teilweise gipfelt dies gar in der Glorifizierung von Straftaten, wie im Fall "Dagobert" oder "Schneider". Dieser Sachverhalt fördert ungewollt Nachahmungen.

Zielsetzung

Oberstes Ziel muss es sein, Kinder und Jugendliche zu sozialkommunikativem Verhalten zu erziehen. Es gilt, Ihnen Alternativen zur Gewalt als mögliche Form der Problemlösung zu vermitteln. Die frühzeitige Entwicklung einer Werteordnung bedarf einer aktiven Förderung. Kriminalität muss "entzaubert" werden, d.h. sie darf nicht als "cool" oder "In"-Handlung Anerkennung finden.

Lösungsansatz

Eltern und Gesellschaft sind aufgefordert, verstärkte Anstrengungen zur Prävention im lernfähigen Alter zu unternehmen. Besonderer Wert muss darauf gelegt werden, einer subjektiv wahrgenommenen sozialen Ausgrenzung entgegenzutreten. Es gilt weiterhin, durch ein frühes Einschreiten das Empfinden für ein Überschreiten der "Unrechtsgrenze" zu schärfen. "Laisser-faire" kann hier nicht gelten.

Forderungen

  • Individuelle Verantwortung

Erziehung leistet den wirkungsvollsten Beitrag zur Vermeidung von Kriminalität. Die Aufsichtspflicht obliegt in erster Linie dem Elternhaus. Als Liberale bekennen wir uns deshalb vorbehaltlos zur Verantwortung der Eltern. Nur in ausgewiesenen sozialen Problemfällen ist es Aufgabe des Staates, einzugreifen. Eine Gesetzesverschärfung sowie die Ausweitung der Haftung von Eltern für Straftaten von Kindern bzw. noch nicht Strafmündigen lehnen wir ab.

  • Gesellschaftliche Verantwortung

Soziale Integration in Kindergarten und Schule flankiert die elterlichen Bemühungen um eine positive Persönlichkeitsentwicklung Heranwachsender. Der Rückgang der klassischen Familienbindung geht einher mit einer stärkeren Verantwortung privater und staatlicher Institutionen für Erziehung und Bildung.

  • Entsprechende Rahmenbedingungen müssen daher verbessert werden. Dies bedeutet unter anderem für den Bereich der Schule:
    • überschaubare Klassenstärken (max. 25 Schülerinnen und Schüler)
    • gezielte Förderung sozialkommunikativen Verhaltens durch neue Unterrichtsformen (Gruppenarbeit, jahrgangübergreifendes Arbeiten etc.)
    • Verstärkung außerschulischer Freizeitangebote an Schulen
    • Thematisierung von "Gewalt" im Unterricht und Diskussion von Konflikten (Projektarbeiten, Gerichtsbesuche, Diskussion mit Gewaltopfern)
    • Ausbildung eines Rechtsempfindens durch konkrete Auseinandersetzung mit strafrechtlichen Konsequenzen
    • Schaffung eines Anti-Gewalt-Beauftragten (speziell geschulter Lehrer) als Ansprechpartner an jeder Schule
    • stärkere pädagogische Ausbildung während des Lehramtsstudiums und in der Lehrerweiterbildung
    • Bereitstellung von Stellen für Schulsozialarbeitern an den Mittelschulen in Sachsen
  • Die Jugendhilfe als entscheidender Präventionsfaktor muss eine klare Perspektive haben. Ein Entziehen der Kommunen und des Freistaates aus der Verantwortung für Leistungen nach dem KJHG wird von den Jungen Liberalen strikt verurteilt. Deshalb fordern wir:
    • Ausbau jugendhilflicher Angebote der öffentlichen Träger
    • Beibehaltung der finanziellen Förderung freier Träger, entsprechend der Jugendhilfeplanung
    • kein Abbau der Fachkraftförderung des Freistaates für freie Träger der Jugendhilfe
  • In der Gesellschaft muss Gewaltkriminalität in jeder Form geächtet werden. Öffentliche Kampagnen sollen zu einer Stärkung von Zivilcourage führen. Das absichtliche "Wegsehen" bei der Verübung von Straftaten muss konsequent geahndet werden. Vorleben statt Wegschauen ist dabei gefragt.