Die Fetten sind Jahre vorbei - Sachsens Wirtschafts- und Finanzpolitik auf den Prüfstand stellen (72. JuliA-Landeskongress)

Aus Beschlusssammlung der JuliA Sachsen
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Präambel

Bereits in der Corona-Pandemie wurden erste Anzeichen von wirtschaftlicher Instabilität Deutschlands deutlich, die auch in Sachsen spürbar waren. Um die entstehenden Mehrkosten zur Abfederung der Krisen auszugleichen, ist die Finanzierung staatlicher Ausgaben über Schulden ein zentraler Mechanismus staatlichen Handelns geworden. Nun, angesichts von Krieg, Energiekosten und Inflation steht die deutsche Wirtschaft am Rande einer Rezession. Der tradierte Weg, immer weitere Staatsausgaben durch sprudelnde Steuereinnahmen zu finanzieren, muss deshalb verlassen werden. Wir fordern die Landesregierung auf, die sächsische Wirtschaft in einem Zusammenspiel aus steuerlichen Entlastungen, Schuldenabbau und wirtschaftlicher Förderung fit für die nächsten Jahre zu machen.

Haushalt sanieren - Bürger entlasten

Die steuerliche Mehrbelastung innerhalb Deutschlands ist eine der höchsten innerhalb Europas. Umso wichtiger ist es, auch auf Ebene des Freistaats für eine Entlastung der Bürger zu sorgen. Daher erachten wir den geplanten Vorschlag zur Erhöhung der Grunderwerbsteuer auf 5,5% als einen klaren Fehler und fordern auch zukünftig, mindestens den bestehenden Steuersatz von 3,5% beizubehalten, um damit den Erwerb von Eigentum zu nicht noch stärker steuerlich zu belasten. Langfristig fordern wir die bundesweite Abschaffung der Grunderwerbsteuer, um einen Beitrag gegen die niedrige Wohnungseigentumsquote zu leisten. Daran anschließend fordern wir die Landesregierung auf sich für eine Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer auszusprechen, da sie für den Freistaat nur geringe Einnahmen bedeuten und gleichzeitig ein unnötiges Hindernis zum generationenübergreifenden Eigentumsaufbau in Sachsen darstellen. Die Erhöhung der Wasserentnahmeabgabe lehnen wir ab.

Wir fordern wir eine Orientierung des sächsischen Modells für die neue Berechnung der Grundsteuer, an den Modellen in Hessen und Niedersachsen, welche der Grundstücks- und Gebäudefläche eine wesentlich höhere Bedeutung zumessen, und eine geringere für den Grundstückswert, als das momentan vorgeschlagene Modell tut. Des Weiteren ist solch ein Modell bedeutend unkomplizierter, da weniger Angaben von Seiten Grundstücksbesitzer zu tätigen sind.

Wenn wir uns für eine Entlastung der Bürger im Steuerbereich aussprechen, ist es aus unserer Sicht auf der anderen Seite ebenso bedeutsam, eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik zu führen. Für uns ist die Schuldenbremse nicht nur der Teil einer konsolidierten Haushaltspolitik, sondern ein wichtiger Beitrag zur Generationengerechtigkeit. Insbesondere in Zeiten höherer wirtschaftlicher Instabilität und steigender Zinsen muss die grundsätzliche Strategie staatlichen Haushaltens sein, bestehende Schulden schnellstmöglich abzubauen, um im Falle von neuen Krisen fiskalisch handlungsfähig zu bleiben. Daher hat es eine hohe Priorität, die in der Coronakrise durch den Freistaat aufgenommen Schulden schnellstmöglich zurückzuzahlen. Eine Verlängerung der Tilgungsfristen, wie sie momentan diskutiert werden, würden zu Lasten der zukünftigen Generationen erkauft werden, durch höhere Zinslasten in der Zukunft. Daher fordern wir die Begleichung der ersten Tranche im Jahr 2023 wie auch die endgültige Rückzahlung der Coronaschulden bis 2030, wie es im Sinne der sächsischen Schuldenbremse gedacht ist. Sollte dies nicht erreichbar werden, muss der Freistaat in zukünftigen Haushalten mindestens höhere Investitionen im Bildungsbereich einplanen, um zukünftigen Generationen zumindest eine Unterstützung zu bieten, die auf ihren Kosten gesetzten Lasten abzubauen.

Weitergehend fordern wir ein Überdenken des sächsischen Finanzausgleichs im Hinblick auf den Gleichmäßigkeitsgrundsatz. Dieser besagt, dass die finanziellen Ressourcen, über welche die Kommunen und der Freistaat verfügen, sich jeweils gleichmäßig entwickeln sollen. Um die finanzielle Autorität auf kommunaler Ebene zu stärken, fordern wir eine Anpassung von diesem, um den sächsischen Kommunen zukünftig zu garantieren, dass deren verfügbare finanzielle Ressourcen relativ zu den Landesmitteln stärker ansteigen. Daran anknüpfend, soll durch eine stärkere finanzielle Unterstützung durch den Freistaat auch eine langfristige Abschaffung der Grundsteuer, wie auch der Straßenausbaubeiträge umgesetzt werden können.

Wirtschaftsförderung aus einem Guss

Die anstehenden wirtschaftlichen Herausforderungen im Zuge von Inflation, Wirtschafts- und Energiekrise könnten starke Auswirkungen auf die sächsische Wirtschaft haben. Hohe Energiepreise bedrohen energieintensive und kleine Unternehmen. Eine eingetrübte Wirtschaftslage verringert die Investitionsfreudigkeit in Neugründungen. Bereits lange vor der jetzigen Krisensituation haben Berichte und Studien zudem auf den Fachkräftemangel und die erschwerte Unternehmensnachfolge im Zuge des demographischen Wandels hingewiesen.

Den sächsischen Freistaat fordern wir anhand dieser multiplen Krisen zu einer Evaluation seiner bisherigen Unternehmensförderung auf. Ziel sollte eine Förderpolitik “aus einem Guss” sein, die unnötigen bürokratischen Hürden durch immer neue Förderprogramme vermeidet. Die Verwaltungsprozesse innerhalb der sächsischen Aufbaubank (SAB) müssen entschlackt werden, um Bewilligungsstaus gerade bei zeitkritischen Verfahren zu vermeiden. Förderkompetenzen auf Landesebene müssen zwischen den Ministerien, Aufbaubank und sonstigen stellen klar geklärt werden. Wir wollen das Prinzip der Subsidiarität auch in der Förderpolitik stärken, indem der Freistaat durch Umschichtung der Mittel zugunsten der Kommunen mehr Freiräume für eigene Förderprogramme schafft. So wird eine zielgerichtete Unterstützung ermöglicht, die insbesondere für kleine Unternehmen niedrigschwelliger ist. Dadurch wollen wir die Schaffung von “Chancenregionen” insbesondere im ländlichen Raum und in den vom Strukturwandel betroffenen Regionen ermöglichen. Um Förderung, Arbeitsplätze und Netzwerke möglichst eng miteinander zu verknüpfen, fordern wir die Einrichtung zentraler Standorte, in denen Büros, Kammern, Genossenschaften etc. an einem Ort angesiedelt sind.

Um Unternehmensgründungen zu unterstützen, begrüßen wir den Gründerwettbewerb innostartbonus und das Mikrodarlehen-Programms des SMWK und fordern weiterhin attraktive Zinskonditionen. Das EU-geförderte European Digital Innovation Hub (EDIH) und seine Untergliederungen in verschiedenen sächsischen Standorten müssen schnell im Freistaat etabliert werden.