Die Zukunft wartet nicht – Strukturwandel gestalten statt verwalten (73. Landeskongress)

Aus Beschlusssammlung der JuliA Sachsen
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Präambel

Der Struktur- und Technologiewandel stellt insbesondere den ländlichen Raum in Sachsen vor erhebliche Herausforderungen. Trotz zahlreicher Förderprogramme sind Abwanderung und Überalterung in zahlreichen Städten und Landkreisen ein Problem. Die Zukunftsfähigkeit dieser Regionen hängt fundamental davon ab, ob es gelingt, wirksame Gegenmaßnahmen gegen diese Entwicklung zu ergreifen.

Wirtschaftliches Potenzial entfesseln

Die wirtschaftliche Entwicklung ländlicher Regionen ist Grundbedingung für eine erfolgreiche Bewältigung der demographischen Herausforderungen. Die Jungliberale Aktion fordert die Vereinfachung von Planungs- und Genehmigungsverfahren insbesondere im Bereich Bauen und der Gewerbeerteilung nach §34cGewO. Die Senkung und Vereinfachung relevanter Steuern, insbes. der Erbschafts-, Grund- und Gewerbesteuer ist zu prüfen. Die Grunderwerbsteuer ist abzuschaffen. Bestehende Förderprogramme des Landes (z.B. durch die SAB) sind verstärkt auf den ländlichen Raum auszurichten. Die Einrichtung regionaler Sonderwirtschaftszonen lehnen wir ab.

Die Ansiedlung und Gründung innovativer Unternehmen soll durch Einrichtung von Gründer- und Transferzentren in Zusammenarbeit mit den Hochschulen gefördert werden. Die Transferzentren dienen weiterhin der Vernetzung lokaler Arbeitgeber mit den Hochschulen, um Absolventen noch während ihrer Ausbildung über lokale Karrierechancen zu unterrichten. Das Angebot an dualen Studiengängen an sächsischen Hochschulen ist auszubauen, um Fachkräfte bereits während der Ausbildung mit Arbeitgebern in der Region zu verbinden. Das Land Sachsen soll sich zudem verstärkt um die Ansiedlung außeruniversitärer Forschungseinrichtungen und Bundesbehörden bemühen. Die Jungliberale Aktion begrüßt die Zusammenarbeit von Unternehmen mit Universitäten und Hochschulen bei der anwendungsorientierten Forschung in allen Bereichen; explizit schließt dies militärische Forschung ein. Dahingehende Verbote lehnen wir ab. Die Jungliberale Aktion bekennt sich zum Ausstieg aus der Braunkohleförderung und -verstromung und zum Ausbau erneuerbarer Energien sowie der Kernenergie. Zur Abfederung wirtschaftlicher Härten ist eine Beschäftigungsgarantie für die Beschäftigten der Braunkohleindustrie bis 2038 vorzusehen, die vom Datum des tatsächlichen Ausstiegs aus der Braunkohleförderung und -verstromung unabhängig ist.

Infrastrukturausbau

Wirtschaftliche Entwicklung ist abhängig von leistungsfähiger Infrastruktur. Die Anbindung des ländlichen Raums an Grund-, Mittel- und Oberzentren ist entscheidend für seine Attraktivität als Wohn- und Arbeitsort. Die Jungliberale Aktion Sachsen fordert daher den umfassenden Ausbau des ÖPNV in Sachsen. Die Leistungsfähigkeit des schienengebundenen ÖPNV ist zu steigern. Dazu sollen insbesondere Strecken, die der Anbindung und Verbindung von Ober- und Mittelzentren dienen, elektrifiziert und ausgebaut werden. Die Reaktivierung stillgelegter Strecken ist zu prüfen. Die Fahrzeugausstattung soll folgenden Mindeststandards genügen: Fahrzeuge sind mit WLAN und Klimaanlagen auszustatten. Barrierefreiheit, sowohl in Fahrzeugen als auch Haltepunkten, ist sicherzustellen. Das Fahrzeugangebot ist so zu dimensionieren, dass selbst während der Hauptverkehrszeiten ein Sitzplatz für jeden Reisenden, der sich länger als 20 Minuten in einem Fahrzeug aufhält, zur Verfügung steht. Sitzplätze sind mit Tischen und Steckdosen auszustatten, die die Arbeit an einem Laptop-Computer oder Tablet erlauben. Für den straßengebundenen ÖPNV sind, sofern möglich, ähnliche Qualitätsstandards sicherzustellen. Es ist ein nach Einwohnerzahl gestaffeltes Konzept für eine Mindestanbindung an den ÖPNV zu erstellen, das eine Mindestzahl an Abfahrten pro Tag für jeden Ort verbindlich festschreibt. Die Erreichbarkeit ist dabei grundsätzlich ganzjährig von 4:00 bis 24:00 zu gewährleisten. In der Zeit dazwischen sollte ein Ruftaximodell eingerichtet werden. In nachfrageschwachen Zeiten und an Orten mit geringem Verkehrsbedarf können dabei bedarfsabhängige Halte und Verkehrsangebote eingerichtet werden, sofern ihre Nutzung mit vertretbarem zeitlichem Vorlauf möglich ist. Orte, für die eine solche Anbindung an den öffentlichen Verkehr nicht sinnvoll ist, sind an das überregionale Radwegnetz anzuschließen. Die Radwege sind ganzjährig befahrbar zu halten und so auszulegen, dass sie auch von Krankenfahrstühlen genutzt werden können. Das Straßennetz ist bedarfsgerecht auszubauen. Bei der Planung des Ausbaubedarfs sind zusätzlich die Anforderungen, die sich aus dem geplanten Ausbau der Wind- und Solarenergie ergeben zu berücksichtigen. Auf Parkplätzen, die zu öffentlichen Einrichtungen gehören, sind Ladestationen für Elektrofahrzeuge einzurichten. Wir fordern gleichzeitig, dass der Freistaat Sachsen den Ausbau der Niederspannungsnetze mit Blick auf die für eine flächendeckende Verwendung und Ladung von Elektrofahrzeugen maßgebliche signifikante Erhöhung der Last aktiv unterstützt und mitorganisiert. Der Ausbau der Versorgung mit Breitbandinternet ist zur Stärkung der Konkurrenzfähigkeit ländlicher Unternehmen und zur Verbesserung der Lebensqualität im ländlichen Raum intensiv voranzutreiben. Der Freistaat Sachsen soll im Zuge dessen darauf hinwirken, kostenmäßige Synergieeffekte beim Ausbau verschiedener Infrastrukturnetze (z.B. Glasfaser und Niederspannungsnetz) besser zu nutzen und auf einen zeitgleichen Ausbau hinwirken. Zur Sicherung der Versorgung mit ärztlichen Dienstleistungen ist ein Netzwerk für Praxisnachfolge einzurichten. Die Struktur der Lehrerausbildung der zweiten Phase ist regionalisierter einzurichten. Um Lehrkräfte zur Berufsausübung im ländlichen Raum zu ermutigen, soll ein Stipendienprogramm eingerichtet werden.

Mehr Demokratie vor Ort

Die Entwicklung der letzten Jahrzehnte ist von einer starken Bürokratisierung und Zentralisierung politischer Entscheidungen geprägt. Entscheidungen sind so für Bürger immer schlechter nachvollziehbar und bereiten so den Nährboden für politischen Extremismus. Dieser Entwicklung wollen wir entgegenwirken. Behörden sollen wieder verstärkt in der Fläche präsent sein. Die Zusammenziehung von Personalbeständen reduziert den Verwaltungsaufwand nicht. Die Regierungsbezirke sollen wiederhergestellt werden und die Verantwortlichkeiten von Landesbehörden sowie des Staatsministeriums für Regionale Entwicklung wahrnehmen. So sollen Entscheidungen näher am Bürger getroffen und gleichzeitig ein „One-Stop-Shop“ für zahlreiche Verwaltungsverfahren geschaffen werden. In allen Landkreisen sind dauerhaft Jugendparlamente und offene Bürgerforen einzurichten. Das Verfahren für Bürgeranliegen auf soll so auf Landes- und Kreis- und Gemeindeebene um eine zweite Schiene ergänzt werden:

Jugendparlamente und offene Bürgerforen erhalten das Recht, eigenständig Initiativen zu entwickeln. In einer zweiten Stufe werden diese von einem Bürgerrat beraten und ergänzt. Der Bürgerrat besteht zur Hälfte aus Sachverständigen und sachkundigen Bürgern und wird von der örtlichen Volksvertretung ernannt. Die Beratung im Bürgerrat ersetzt bei diesem Verfahren die notwendige Unterschriftensammlung nach §§22, 23 SächsGemO. Vom Bürgerrat bearbeitete Initiativvorschläge werden in das zuständige Parlament eingebracht und dort beraten. Bei der Abstimmung haben die Ersteller des Vorschlags (Bürgerforen, Jugendparlamente) beratendes Stimmrecht.