Auslandseinsätze der Bundeswehr nach Afghanistan – Mandatserteilung und Folgenbewältigung verknüpfen (70. JuliA-Landeskongress)

Aus Beschlusssammlung der JuliA Sachsen
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In einer globalisierten Welt nehmen die Herausforderungen für die deutsche Au- ßen - und Sicherheitspolitik zu. Spätestens seit Ende der 90er-Jahre ist dabei klar, dass auch die Aufgabe der Friedenssicherung Teil europäischer Sicherheits- bemühungen sein muss. Es ist deswegen richtig, dass sich die Bundeswehr an 13 verschiedenen Einsätzen mit UN, EU oder NATO beteiligt. Es hat sich in den Jahrzehnten der globalen Friedenmissionen gezeigt, dass gerade bei langfristi- gen Einsätzen vermehrt Herausforderungen auftreten, sei es der Rückzug der USA von einer einst sehr extrovertierten Außenpolitik, das Ende des Unilateralis- mus oder der Mentalitätswandel in der westlichen Bevölkerung, der zu einer poli- tischen Zielverschiebung führt. Gerade angesichts des Desasters bei der Beendi- gung der Mission in Afghanistan müssen wesentliche Leitlinien deutscher Sicher- heitspolitik neu vermessen werden:

Es muss eine klare Strategie für die Aufnahme von Auslandseinsätzen der Bun- deswehr geben, welches entweder den Kriterien der Aufnahme von UN-Manda- ten, der „responsibility to protect“, der Verteidigung deutscher Interessen, etwa bei der Sicherheit von Handelswegen oder die Sicherstellung unser Bündnis- pflichten beinhaltet. Dieses muss konsequent und transparent gegenüber allen Partnern kommuniziert werden. Teile dieses Konzepts können in eine Neuaus- richtung der EU in Sicherheitsfragen im Rahmen der GSVP (Gemeinsame Si- cherheits- und Verteidigungspolitik) genutzt werden.

Neue Missionen erfordern mindestens ein Planungsgerüst, das Anfang und Ende des Mandates beschreibt. Es soll dabei nicht um die bereits abgeschlossene Pla- nung des Einsatzes gehen. Diese würde dem einzigartigen Status der Bundes- wehr als Parlamentsarmee zuwiderlaufen. Vielmehr muss der Bundestag die Möglichkeit haben, die Lage des Landes genau nachzuvollziehen und aus ver- schiedenen Handlungsweisen zu wählen. Eine Veränderung der Zielsetzung des Mandates bedarf einer neuen Bestätigung durch den Bundestag außerhalb regu- lärer Abstimmungen zur Mandatsverlängerung.

Für jedes Mandat muss zu seiner Verlängerung durch den Bundestag eine Exit-Strategie mit einkalkulierten grundlegenden Risikofaktoren und der Einschät- zung der möglichen Schadenskontrollen vorliegen, anhand derer die Abgeordne- ten und die Öffentlichkeit die Folgen der parlamentarischen Entscheidung besser nachvollziehen zu können. Unter allen Umständen muss gewährleistet sein, dass die Soldaten der Bundeswehr, deutsche Staatsbürger und die mit Deutschland assoziierten Hilfs- und Ortskräfte im Falle eines Scheiterns der Mission oder ei- nes Truppenabzugs aufgrund von Nachlässigkeit der Regierung nicht in Gefahr geraten. Folgeschäden eines Exits der Bundeswehr, etwa durch zurückgelasse- nes Kriegsgerät oder Ausrüstung, gilt es unter allen Umständen durch sorgfältige Planung zu minimieren. Bei einem planmäßigen und geordneten Rückzug sind Außen- und Verteidigungsministerium angehalten das Land der stattfindenden Mission in stabilen politischen Verhältnissen zu verlassen.

Das Außenministerium muss auch nach Ende der Einsätze weiterhin einen ver- stärkten Fokus auf die vom Einsatz betroffenen Regionen legen. Jährlich müssen neben Berichten zu aktuellen Missionen auch die Folgen der bereits beendeten deutschen Einsätze evaluiert und die Ergebnisse öffentlich zugänglich gemacht werden.

Deutschland und seine Internationalen Millitärkooperationen

Ein Grundpfeiler der deutschen Außenpolitik ist die Mitgliedschaft im Verteidi- gungsbündnis NATO wie auch die Zusammenarbeit mit unseren europäischen Partnern im Kontext der Europäischen Union. Für uns steht ein Bekenntnis zur NATO als ein konkurrenzloses erfolgreiches Sicherheitsbündnis außer Frage. Umso wichtiger ist es hierbei das Deutschland seinen internationalen Verpflich- tungen gerecht wird und im Sinne seiner NATO-Mitgliedschaft seine Verteidi- gungsausgaben auf 2% des BIP anhebt. Hierbei ist auch die Weiterentwicklung und Stärkung des Bündnisses im Hinblick auf die außenpolitischen Herausforde- rungen hinsichtlich China und Russland anzustreben.

Neben deutschen Beteiligungen in der NATO betonen wir hierbei auch das Ziel insbesondere die Militärkooperation innerhalb der EU auszuweiten, verbunden mit dem langfristigen Ziel der Einrichtung einer Europäische Armee unter ge- meinsamen Oberbefehl und unter Kontrolle des Europäischen Parlaments. Eine stärke Übernahme von militärischer Verantwortung ist auch von Bedeutung, be- dingt durch den Außenpolitischen Rückzug der USA. Europa muss daher mit dem dementsprechenden Selbstbewusstsein auftreten um ein Gegengewicht zu autoritären Staaten wie China und deren schrittweise aggressiver vertretenen In- teressen (z.B. „Neue Seidenstraße“) zu bilden.

Außerdem soll sich Deutschland für eine Vereinfachung der humanitären Inter- vention auf UN-Ebene einsetzen. Aufgrund der veralteten Strukturen des Sicher- heitsrats der Vereinten Nationen erachten wir die Voraussetzung eines UN-Man- dats als einzig legitime Grundlage für die Teilnahme Deutschlands an Auslands- einsätzen als nicht zielorientiert. Selbstverständlich muss sich die Beteiligung Deutschlands an Auslandseinsätzen auf der Grundlage des Völkerrechts bewe- gen.

Auslandseinsätze enden, die Verantwortung für Veteranen bleibt

Auch nach der Beendigung eines Auslandseinsatzes ist dies für viele Soldaten eine Erfahrung die sie immer noch beeinflusst und diese im zivilen Leben weiter- hin prägt. Trotz der existierenden rechtlichen Definition des Begriffes fehlt es im- mer noch, insbesondere für Veteranen mit Auslandseinsatzerfahrung, an einem grundlegenden Konzept zur Unterstützung nach dem Ende der Dienstzeit. Daher fordern wir die stärkere Anbindung des Themas der Veteranenbetreuung durch die Umbennenung des Wehrbeauftragten in Wehr- und Veteranenbeauftragten sowie die strukturelle Absicherung der zusätzlichen Aufgaben in seiner Behörde. Dieser soll sich künftig auch für Belange von Veteranen einsetzen, die Umsetzung einer Veteranenpolitik kontrollieren und die Funktion eines Berichterstatters gegenüber dem Parlament einnehmen.

Zur Optimierung der Versorgung von Veteranen sprechen wir uns für die Integra- tion von Veteraneninstituten nach niederländischem Vorbild innerhalb der Bun- deswehr aus, um diesen einen möglichst unbürokratischen Zugang zu Mitteln ge- sundheitlichen und psychologischen Hilfe zu gestatten. Diese sollen als Zentrale Anlaufstellen für Versorgungsleistungen, wie auch für Informationen und Anfra- gen zu staatlichen Leistungen fungieren. Diese Institute sollen auch für die sta- tistische Erhebungen zur Erfassung struktureller physiologischer und psychologi- scher Probleme genutzt werden. Die Datensammlung soll hierbei auf freiwilliger Angabe der Veteranen basieren und auf deren Verlangen auch wieder gelöscht werden können.

Um die Anerkennung von Soldaten zu fördern, setzen wir uns für die Einführung eines Veteranen-Tages, nach amerikanischem Vorbild ein, um alle Veteranen zu ehren und ihnen damit den gesellschaftlichen Respekt entgegenzubringen, wel- chen sie verdienen.